DAS – kann nicht lesen

Der DAS rührt die Werbetrommel. Der DAS ist wieder der „größte“ deutsche Rechtsschutzversicherer. Entsprechende Schreiben haben in den letzten Wochen nicht nur Rechtsanwälte, sondern vor allem auch die Versicherten erhalten. Allerdings zeigt sich auch hier: Quantität hat mit Qualität nichts zu tun.
Der „Größte“ leistet sich durch -offenbar hoffnungslos überforderte- Sachbearbeiter einmal mehr auch die größten Fehlleistungen.
Selbst in einfach und eindeutig gelagerten Fällen wird die Kostendeckungserklärung nicht sofort abgegeben, sondern werden -völlig überflüssige- Nachfragen gestellt und Unterlagen von dem Versicherten angefordert. Was soll das?
Die von ihm angeforderten Unterlagen nimmt der DAS nicht einmal zur Kenntnis, sondern lässt seine Versicherten erst selbst noch einmal anrufen. Natürlich unter einer sog. Servicerufnummer des DAS, für immerhin 14 Cent pro Minute.

    So kann man als Versicherer natürlich auch Geld verdienen.

Der interessierte Beobachter fragt sich aber: Wofür zahlen die vielen DAS-Versicherten dann noch Prämien?

Ein Beispiel aus jüngster Zeit:
Eine Bankmitarbeiterin sucht Rat. Nach vielen Jahren am selben Arbeitsplatz soll sie plötzlich einen neuen Arbeitsvertrag unterschreiben und eine Verzichtserklärung abgeben. Das alles am besten sofort und ohne die ihr am Arbeitsplatz präsentierten Unterlagen zu Hause erst einmal in Ruhe durchlesen zu dürfen. Ein Schelm der Böses dabei denkt.

Die Arbeitnehmerin reagiert richtig: Sie unterschreibt nichts, sondern lässt sich erst einmal beraten.
Zunächst wendet sie sich telefonisch an den DAS, wo sie seit vielen Jahren rechtsschutzversichert ist. Nach kurzer Schilderung ihres Problems wird sie vom DAS telefonisch mit einer ihr unbekannten Rechtsanwältin verbunden, um sich -auf Kosten des DAS- von dieser beraten zu lassen. Die zutreffende Auskunft dieser Rechtsanwältin lautet: Der Fall ist für eine telefonische Beratung nicht geeignet. Dafür ist die Angelegenheit (Betriebsübergang, Änderung der Arbeitsbedingungen) viel zu kompliziert. Die Bankmitarbeiterin solle sich persönlich durch einen Rechtsanwalt beraten lassen .

Gesagt, getan:
Die Bankmitarbeiterin wendet sich an mein Büro, dass sie aus einer früheren Arbeitsrechtsangelegenheit bereits kennt. Damit die erforderliche persönliche Beratung „in einem Rutsch“ erledigt werden kann, schickt die vorausschauende Mandantin die erforderlichen Unterlagen (Arbeitsvertrag, nachträgliche Änderungsvereinbarungen, Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge, Belehrung des Arbeitgebers zum Betriebsübergang, neuer AT-Arbeitsvertrag) vorab per E-Mail an mein Büro. Das mögliche und erforderliche weitere Vorgehen im Arbeitsverhältnis kann darum auch in einer einzigen persönlichen Besprechung, die allerdings eineinhalb Stunden dauert, besprochen und gemeinsam festgelegt werden.

Die Mandantin ist zufrieden.
Sie hat zeitnah alle Informationen erhalten die sie benötigte, um in Zukunft wieder mehr oder weniger sorgenfrei ihrer täglichen Arbeit nachgehen zu können. Die Auseinandersetzung mit ihrem Arbeitgeber steht sie nun selbst durch.
Die Abrechnung der Kosten dieser persönlichen Beratung soll ebenso „schnell und einfach“ mit dem DAS direkt erfolgen. Diesen Service leiste auch ich für meine Mandanten in der Regel gern. Mit dem DAS ist das aber nicht möglich.

Die Chronologie:
12.10.2010: Eingang der Unterlagen zur Prüfung in meinem Büro.
18.10.2010: Persönliche Besprechung der Sache in meinem Büro.
26.10.2010: Information an den DAS, mit der Bitte Kostendeckung zu erteilen, kurz (wer liest schon gerne viel) aber vollständig :

    26-10-2010-an-DAS

02.11.2010: Erste Reaktion des DAS. Es ist schon Vorweihnachtszeit, der DAS wünscht sich wohl darum:

    „Bitte überlassen sie uns zur Einsicht das gegnerische Anspruchsschreiben“

Das war schon mal der falsche Textbaustein! Der DAS teilt mir aber außerdem mit:

    „Andernfalls vermögen wir gegenwärtig einen eintrittspflichtigen Versicherungsfall nicht zu erkennen“

Aha! Dieser Textbaustein scheint neu zu sein. Ich habe zwar Verständnis dafür, dass der Sachbearbeiter, ein Herr „F.“, damit spielen und auch den einmal ausprobieren will. Auch dieser Textbaustein passt hier aber nicht.
Ein durchschnittlich begabter und sorgfältiger Rechtschutzsachbearbeiter hätte alle erforderlichen Angaben bereits aus dem Text meines Schreibens vom 26.10.2010 ohne weiteres entnehmen können. Herr „F.“ kann das aber nicht. Entweder benötigt er dringend eine Fortbildung seines Arbeitgebers in dem von ihm bearbeiteten Sachgebiet, oder er handelt auf Anweisung „von oben“.
04.11.2010: Die Antwort meines Büros:

    03-11-2010 an_DAS

Zeitgleich werden an den DAS -wunschgemäß- zu dessen „eigener Prüfung“ die von meiner Mandantin in Vorbereitung unseres Beratungsgesprächs eingereichten, umfangreichen Unterlagen (122 Seiten) per Email an den Versicherer übersandt. Natürlich an die richtige -im Schreiben vom 02.11.2010 genannte- Emailadresse und erst nachdem meine Mandantin mich dafür von der anwaltlichen Schweigepflicht befreit hatte.

Nun passiert zwei Wochen erst einmal nichts.
Hoffnungsfroh gehe ich davon aus, dass der Sachbearbeiter „F.“ die von ihm angeforderten und von meinem Büro auch prompt an ihn übersandten Unterlagen in der Zwischenzeit durcharbeitet .
Ich denke noch: Wie schade, dass der Herr „F.“ damit die von seinem Arbeitgeber bezahlte Arbeitszeit offenkundig verschwendet. Alles was er für die Erteilung der Kostendeckungszusage wissen musste, war ihm ja bereits aus meinem Schreiben vom 26.10.2010 bekannt.
Aber: Herr „F.“ ist ein guter Arbeitnehmer. Um die Interessen seines Arbeitgebers kümmert er sich vorbildlich. Herr „F.“ liest nämlich gar nichts.
Am
19.11.2010: schreibt Herr „F.“ dann an meine Mandantin und bittet nun diese zur -angeblich erneuten- überprüfung der Eintrittspflicht,

    „um übersendung der Unterlagen, aus denen sich ein pflichtwidriges Verhalten ihres Arbeitgebers ergibt“

Meine Mandantin hat allerdings -vollkommen zu Recht- keine Lust, dem Sachbearbeiter „F.“ noch einmal zu zu senden was der schon binnen der letzten zwei Wochen nicht gelesen hat .
23.11.2010: Meine Mandantin ruft kurzentschlossen bei ihrem Versicherer an (für „nur“ 14 Cent/Minute) und erklärt dem Sachbearbeiter „F.“ noch einmal, was der längst wissen musste wenn er nur gelesen hätte, was ihm bereits geschrieben worden war.
Oh Wunder:
Am selben Tag erhalte ich ein Telefax des DAS indem mir

    „anheim gestellt“

wird, eine Rechnung dorthin zu senden. Also, eines muss man Herrn „F.“ schon lassen: Dieses Mal hat er bestimmt keinen Textbaustein verwendet. Diese hochtrabende, altertümliche Ausdrucksweise ist ganz sicher selbst erfunden und soll wohl die Wichtigkeit des Autors und die Sorgfalt seiner Arbeitsweise unterstreichen. Wenigstens einmal hat sich Herr „F.“ in dieser Sache also doch noch echte Mühe gegeben. Meinen Applaus dafür.

Mein Büro hat das Gewünschte noch am Folgetag erledigt.
Selbstverständlich bekommt der Rechtsschutzversicherer nur eine Kopie der Rechnung, die im Original immer an den Mandanten geht. Das Gesetz will es so. Zahlungen des DAS sind hier bisher natürlich nicht eingegangen. Wahrscheinlich werden auch dafür noch „weitere Unterlagen“ benötigt, weil der DAS auch das Gesetz nicht liest.

….Fortsetzung folgt……

8 Responses to “DAS – kann nicht lesen”

  1. anonymisiert sagt:

    […] den Beitrag weiterlesen: DAS “ kann nicht lesen | RSV-Blog Tags:rlich-nicht, weil-der, unterlagen, sind-hier, werden-auch, gesetz, bisher-nat, das Verwandte […]

  2. anonymisiert sagt:

    Da stelle ma uns mal janz dumm (scheint uns Sachbearbeitern ja nicht schwer zu fallen), und sagen, ARB sind viele kleingedruckte Wörter. Und die lesen wir einfach mal. Und dann finden wir in § 4 die merkwürdige Formulierung, dass Anspruch auf Rechtsschutz nach Eintritt eines Rechtsschutzfalles besteht. Was ist nun der Rechtsschutzfall? Weiterlesen! „[…] in allen anderen Fällen von dem Zeitpunkt an, in dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll.“ Also: Irgendjemand (VN oder ein anderer) muss zumindest behaupten (begangen hat oder begangen haben soll) , dass irgendjemand was Böses (Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften) getan hat. Das geht aus Ihrem Schreiben vom 26.10.2010 aber nicht hervor. Sie teilen mit, dass der Arbeitgeber das Begehren äußert, dass sich der VN auf sein Widerspruchsrecht verzichten soll und einen Änderungsvertrag unterschreiben soll. Gegen welche Rechtspflicht oder Rechtsvorschrift soll denn verstoßen worden sein? Und es geht nicht um die Frage, ob tatsächlich ein Verstoß vorliegt. Das prüft die RSV gar nicht. Die RSV prüft nur, ob der Verstoß BEHAUPTET wird. Und nicht einmal das tun Sie. Wie soll denn der Sachbearbeiter anders entscheiden? Tragen Sie vor, worin Sie einen Rechtsverstoß sehen und die Rechtsschutzversicherung wird sich erheblich leichter tun, einzutreten.

  3. anonymisiert sagt:

    Wow, nicht nur die Arag liest hier mit sondern scheinbar auch SB der DAS. Sehr interessant!

  4. anonymisiert sagt:

    Aber auch die Rechtsschutzversicherung sollte wissen, wann ein Rechtsschutzfall vorliegt:

    „Für den einen Rechtsschutzfall auslösenden Verstoß gegen § 4 Abs. 1 c) ARB genügt nämlich jeder tatsächliche, objektiv feststellbare Vorgang, der die Anbahnung eines Rechtskonflikts in sich trägt; der Rechtsstreit ist dann jedenfalls latent vorhanden und damit gewissermaßen bereits „vorprogrammiert“ (BGH, Urt. v. 28.9.2005, IV ZR 106/04, VersR 2005, 1684, m.w.N.). “ Aus einem Urteil des OLG SB. Ist aber auch schon eine olle Kamelle von 2006, beim BGH noch älter.

    Wer allerdings für den Kontakt zum DAS drebis.de nicht nutzt, sollte sich über lange Bearbeitungszeiten nicht mehr wundern. Da hätte man die unberechtigte Ablehnung nach spätestens zwei Tagen gehabt und wäre schon längst im Deckungsprozeß.

  5. anonymisiert sagt:

    @ RSSachbearbeiter:
    Ich weiß nicht bei welchem Unternehmen Sie tätig sind. Bisher ist der DAS jedenfalls in meiner Praxis aber der einzige Versicherer, der bei der bereits am 26.10.2010 geschilderten Handlungsweise des Arbeitgebers keinen klaren Verstoß gegen § 613a BGB zu erkennen vermag. Die Norm ist doch insoweit ebenso kurz wie einfach:

    § 613a Rechte und Pflichten bei Betriebsübergang
    (1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden……..
    (6) Der Arbeitnehmer kann dem übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

    Und:
    Unterlagen anzufordern, die dann nicht gelesen werden – finden Sie das auch normal? Ich nicht.
    Im übrigen:
    Wenn Sie für sich in Anspruch nehmen wollen „dumm“ zu sein, ist das allein ihre Sache. Ich habe die Arbeitsweise EINES Sachbearbeiters des DAS kritisiert und dessen Arbeitsorganisation.

    Es freut mich aber, dass das RSV-Blog auch von Mitarbeitern der Versicherer offenbar schon zu Dienstbeginn morgens um 8 Uhr gelesen wird.

  6. anonymisiert sagt:

    „Selbstverständlich bekommt der Rechtsschutzversicherer nur eine Kopie der Rechnung, die im Original immer an den Mandanten geht. Das Gesetz will es so.“
    Ich bitte kollegialiter um Mitteilung, um welches Gesetz es sich handelt. Bisher wurden die Rechnung hier immer unmittelbar an die RSV geschickt. Der Vesicherer hat ggf. Ihren VN über die geleisteten Zahlung slbst informiert.

  7. anonymisiert sagt:

    㤠10 Berechnung
    (1) Der Rechtsanwalt kann die Vergütung nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern“

    Die Betonung liegt auf „dem Auftraggeber mitgeteilten“

  8. anonymisiert sagt:

    Lieber Kollege,

    ich bin der auffassung, dass es sich bei dieser vorgehensweise um eine gezielte Vorgehensweise handelt. Natürlich möchte der Versicherer nicht, dass der Mandant nicht zu Ihnen geht, sondern zu einem Anwalt, der mit dem Versicherer kooperiert. Was das dann für ein Anwalt ist kann sich jeder vorstellen. Vordergründig geht es hierbei ums Gebühren sparen auf Kosten der Mandanten. Ob allerdings durch solche kooperationen nicht irgendwelche Seilschaften zwischen den Anwälten und bestimmten Personen beim jeweiligen Versicherer ‚befriedigt‘ werden sollen, weiß niemand so genau

    Ich denke, dass das alles Kalkül ist. Es geht um Macht. Man will wahrscheinlich auf diese Weise das Gebot der freien anwaltswahl umgehen…

    Leider haben das noch nicht allzu viele Kollegen begriffen. Und sie haben auch noch nicht begriffen, welcher schaden der Anwaltschaft hierdurch beigebracht werden könnte.