Württembergische – das neue (alte) Verständnis der Schwellengebühr

Nur zur Info vorab: Bei der Schwellengebühr handelt es sich nicht um eine solche, bei der die Schamröte anschwillt, sondern ganz im Gegenteil.

Neueste Korrespondenz eines Totgeglaubten:

„Die Geschäftsgebühr der Nr. 2400 VV/RVG regelt die Vergütung des RA für die gesamte aussergerichtliche Tätigkeit. Die Strukturveränderung des RVG’s erfordert eine neue Einordnung in den erweiterten Gebührenrahmen.
Gem. § 14 RVG bemisst sich die Geschäftsgebühr nach Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit.
Nach überwiegender RSpr. ist die 1.3 Schwellengebühr keine Regelgebühr, da der Gebührenrahmen der Geschäftsgebühr bei 0.5 beginnt.
Ausgehend von dem Inhalt unserer Akte halten wir eine 0.9-Gebühr für angemessen.“

So, jetzt wollen wir das mal strukturell betrachten:

(1) Angemessenheit: Diese Frage regelt der Anwalt, nicht die RSV.

(2) Für „angemessen halten“ : der Anwalt hält für angemessen; die RSV hält für unangemessen (arg.: das Gegenstück von angemessen).

(3) „Regelgebühr = Mittelgebühr“: Wenn der Gebührenrahmen bei 0.5 beginnt, dann muß man auch im Auge haben, dass der Gebührenrahmen bei 2.5 endet. Mathematisch ist die Mittelgebühr dann (nach Adam Riese)  = 3.0/2 = 1.5.

(4) „Mittelgebühr“: durchschnittlicher Aufwand; unschwieriger Sachverhalt

(5) „Schwellengebühr“: eine Fiktion des Gesetzgebers – will heißen, dass der Gesetzgeber gemeint hat, auch wenn die Sache nicht überdurchschnittlich und schwierig war, soll die Mittelgebühr den Wert von 1.3 nicht überschreiten.

(6) „Schwellengebühr, die Zweite“ : will der Anwalt mehr (>1.3), dann muß er begründen und darlegen und beweisen; will die RSV weniger (<1.3), dann muß die RSV begründen, darlegen und beweisen (diese einfache System der Darlegungs- und Beweislastzu kennen, das auch im Vergütungsrecht gilt, kann man von Nichtjuristen bekanntlich nicht erwarten).

(6) „0.9-Gebühr“ : Die Darlegung und Begründung der RSV lautet :
„Ausgehend von dem Inhalt unserer Akte halten wir eine 0.9-Gebühr für angemessen“.

Schlußfolgerung: Es liegt weder eine Begründung vor, noch eine Rechtfertigung für die Kürzung. In der Tat handelt es sich um eine „Scheinargumentation“. Diese hat ganz offensichtlich nur ein Ziel: „Erfüllungsverweigerung“ (und das im Namen des Versicherungsnehmers, der für seine teuren Beiträge eine minderwertige Leistung seines  Rechtsschutzversicherers erwarten kann ??)

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