Rechtsberatung durch den Versicherer

Ein Rechtsschutzversicherer rät seinem Kunden, die Forderung der Gebrüder Schmidtlein zu bezahlen:

In der Beilage leiten wir Ihnen unser Schreiben an die Rechtsanwaltskanzlei [der Gegenseite] in Kopie zur Kenntnis weiter. Wir empfehlen Ihnen, den Dienst keinesfalls mehr zu nutzen und auch gegenüber [der Gegenseite] in keiner Weise zu reagieren.

Gemäß unserer Einschätzung ist das Vorgehen der [Gegenseite] zwar ärgerlich, verstößt aber nicht gegen das Gesetz. Die Internetseiten der [Gegenseite] – sie betreiben mehrere solcher Websites – wurden im April 2006 angepaßt und weisen nun ausdrücklich auf das Widerrufsrecht hin. Zudem ist auf der Startseite vermerkt, dass sich die Testzeit nach Ablauf des Anmeldetages zu einem Abonnement mit einer Laufzeit von 24 Monaten verändert. Trotzdem haben wir mit unserem Schreiben versucht, die [Gegenseite] von weiteren Inkassomaßnahmen abzuhalten.

Sollte unserem Schreiben keine Folge geleistet werden und würde die Betreibung eingeleitet, müßten wir Ihnen empfehlen, den in Rechnung gestellten Betrag zu bezahlen, da unseres Erachtens – wie oben erläutert – aus rechtlicher Sicht nicht gegen die Rechnung vorgegangen werden kann.

So sieht es also aus, wenn Rechtsschutzversicherer ihre Versicherungsnehmer beraten. Ich hätte meinem Mandanten mit Sicherheit einen anderen Rat gegeben.

Gefunden habe ich das Schreiben auf der Seite von Rechtsanwalt Olaf Tank. Rechtsanwalt Tank macht mit diesem Schreiben Werbung für seine Inkassotätigkeit, die er im Auftrag seiner Mandanten, der Gebrüder Schmidtlein, ausführt.

13 Responses to “Rechtsberatung durch den Versicherer”

  1. anonymisiert sagt:

    Es handelt sich um eine Schweizer Versicherung, oder ?

    Der zynische Kommentar ist wohl nicht so ganz fair,denn die Schweizer Rechtslage sieht wohl diesbezüglich etwas anders aus.

  2. anonymisiert sagt:

    „Trotzdem haben wir mit unserem Schreiben versucht, die [Gegenseite] von weiteren Inkassomaßnahmen abzuhalten.“

    Damit dürfte der Bereich der unerlaubten Rechtsberatung doch wohl erreicht sein – mal ganz abgesehen von der in der Tat sehr fragwürdigen Qualität der Beratung gegenüber dem VN – die auch einer evtl. schweizerischen Gesellschaft nicht nachzusehen ist. Eine Beratung zu einem Rechtsfall in Deutschland möge sich schon nach deutschem Recht richten – oder aber mangels entsprechender Kenntnisse unterbleiben.

  3. anonymisiert sagt:

    Leider verschweigt uns der Verfasser, welchen Rat er seinem Mandanten denn nun gegeben hätte.

  4. anonymisiert sagt:

    @ RA Neuber:
    Daß es in der Schweiz zulässig ist, wenn Versicherer Rechtsrat erteilen dürfen, ändert nichts an der Tatsache, daß dieser Rechtsrat nicht von einem unabhängigen, freien Organ der Rechtspflege erteilt wird. Sondern von einem nach ausschließlich wirtschaftlichen Kriterien handelnden Wirtschaftsunternehmen.

    Und: Die Forderung der Gebrüder Schmidtlein richtet sich wohl nach deutschem Recht.

    @ Heinlein:
    Der Rat liegt auf der Hand: Nicht zahlen! Allein das WWW ist voll von kompetenten Hinweisen, warum die Forderung nicht berechtigt ist. Eine Suche bei Google reicht aus; dafür braucht man keine zwei Staatsexamen. Beispielhaft verweise ich auf http://www.verbraucherrechtliches.de, dort insbesondere auf http://tinyurl.com/26pstx

  5. anonymisiert sagt:

    Also wenn ich mir die neue Aufmachung der Seiten anschaue…sagen mir meine beiden Staatsexamen, dass nach einer Anmeldung ein Vertrag zustande kommt, wobei ich eine volle Geschäftsfähigkeit voraussetze. Es wird auf alle essentialia hingewiesen. Die bisher ergangenen Urteile beruhen auf der vergangenen Seitenaufmachung. Einzig und allein das Widerrufsrecht besteht und zwar nach meiner Ansicht auf unbegrenzte Zeit, da eine Widerrufsbelehrung auf einer Homepage keine Belehrung auf einem dauerhaften Datenträger darstellt (siehe OLG Hamburg, Urteil v. 24.8.2006 – 3 U 103/06, MMR 2006, 675; KG, Beschluss v. 18.7.2006 – 5 W 156/06, MMR 2006,678).

  6. anonymisiert sagt:

    Ich finde das Posting und die Kommentare außerordentlich witzig. Es zeigt wieder einmal, was passiert, wenn sich Strafrechtler (Hoenig, Melchior u.a.) am Zivilrecht versuchen… und scheitern.

    Da es sich um schweizerische RSV handelt, ist es – glaube ich – nicht sehr fernliegend zu vermuten, dass auch der Kunde in der Schweiz sitzt. Also kommt deutsches Recht gar nicht zum Tragen, also weder das RechtsberatungsG noch das deutsche Fernabsatzrecht.

    Vielleicht sollte der Schuster einfach bei seinen Leisten bleiben und nicht auf fremden Äckern ernten, das geht nämlich meistens schief.

  7. anonymisiert sagt:

    @Jochen

    … und vielleicht sollte Jochen im Zweifel sich erst einmal über die Einzelheiten des Falles und das anzuwendende Recht informieren, bevor er – nicht „außerordentlich witzig“ – Autoren und Kommentatoren des Scheiterns bezichtigt. Das geht nämlich ersichtlich schief!

  8. anonymisiert sagt:

    „Allein das WWW ist voll von kompetenten Hinweisen, warum die Forderung nicht berechtigt ist.“ kompetent? Die Rechtstipps sind gerade wegen der Umgestaltung der Schmidtlein Pages zu 99 % nicht mehr anwendbar. Wie ich bereits ausführte, ist einzig und allein noch die Widerrufsmöglichkeit gegeben.
    Und die beschränkte Geschäftsfähigkeit falls vorliegend gegeben.

  9. anonymisiert sagt:

    …. also in die leidige „Schmidtlein-Diskussion“ will ich mich jetzt nicht auch noch einmischen, aber Folgendes:

    Dieses Forum ist auf das Verhalten von RSVen ausgerichtet. Und die principa ist die Frage, dürfen die das. Und wenn ja, dann ist es Sache des VN, ob er sich damit zufrieden geben will oder ob nicht.
    Sollte aber die betreffende RSV hier marktverzerrend den VN von der Inanspruchnahme von Rechtsrat bei dazu berufenen Professionen abgehalten haben, dann ist das nicht O.K.

    Ich vermag aus dem @Hoenig nicht zu erkennen, warum hier nun die Schweiz ins Spiel kommt (und die persönlichen Angriffe gegen den Verfasser dieses posting sind auch völlig -aber doll- unangebracht).

    Vielleicht besteht die Möglichkeit dazu, die „Kirche-im-Dorf-zu-lassen“.

  10. anonymisiert sagt:

    [Die Kommentarfunktion dieses Blogs sollte nicht für eine Diskussion auf Kesselflicker-Niveau mißbraucht werden. crh]

  11. anonymisiert sagt:

    […] Der Kollege Hoenig macht auf ein Schreiben aufmerksam, mit dem eine Schweizer Rechtsschutzversicherung in einer Beratung empfiehlt, einen bestimmten Betrag zu bezahlen, weil die Sache aussichtslos sei. Viele Kollegen, aber auch wir, haben mit der gegenseitigen Rechtsansicht gute Erfahrungen gemacht. […]

  12. anonymisiert sagt:

    … und trotzdem sollte es jedem zu denken geben wenn die Gegenseite mit einem solchen Schreiben Werbung betreibt. Ich frag mich wie meine Mandanten meine Arbeit bewerten würden, wenn der Gegner als Argument für seine Argumente meine Schreiben nimmt … (wobei natürlich auch die Frage offen ist wie Herr Tank an dieses Schreiben kommt)