RSV muss Kosten eines vorgerichtlichen Sachverständigengutachtens zahlen

Die Verkehrsanwälte berichten:

Das Amtsgericht Rudolstadt hat durch ein ausführlich begründetes Urteil am 29.09.2010 — 3 C 167/10 – entschieden, dass der Rechtsschutzversicherer die vom Versicherungsnehmer veranlassten Kosten eines vorgerichtlichen Sachverständigengutachtens im Rahmen eines Bußgeldverfahrens zu erstatten hat. Bei den Kosten des vorgerichtlichen Sachverständigengutachtens, mit dem die Messung der Geschwindigkeit hinsichtlich ihrer Richtigkeit überprüft wurde, handelt es sich um solche, die gemäß Â§ 5 Abs. 1 f aa ARB 2008 grundsätzlich vom Versicherungsschutz des Versicherungsvertrages umfasst sind. Die Erforderlichkeit eines Sachverständigengutachtens hängt hierbei auch nicht von dem mutmaßlichen Erfolg ab, der damit im laufenden Bußgeldverfahren erzielt werden kann.

Die Rechtsschutzversicherung hatte vergeblich versucht, sich mit einer angeblichen Verletzung der Schadensminderungspflicht durch den Versicherungsnehmer zu verteidigen:

Die Beklagte ist der Ansicht, für die vorgerichtlich aufgewandten Sachverständigenkosten nicht einstehen zu müssen. Die Einholung des Sachverständigengutachtens sei nicht erforderlich gewesen, da es aus der Akte keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Messung gegeben habe. Demgemäß stelle sich die Einholung des Gutachtens als eine sachverständige Prüfung ins Blaue hinein dar, für die die Versicherung, die nur die erforderliche Interessenvertretung zu zahlen habe, nicht einstehen müsse. Der Klägerin als Versicherungsnehmerin obliege insoweit auch eine besondere Kostenminderungspflicht, die es angesichts des konkreten Tatvorwurfs – Bußgeld von 70,00 Euro und Eintragung eines Punktes ohne Gefährdung der Fahrerlaubnis – nicht rechtfertige, derartige Kosten auszulösen. Schließlich hätte die Klägerin auch abwarten können, ob das Gericht die Einschaltung eines Gutachters für notwendig erachte mit der Folge, dass gegebenenfalls die Kosten durch die Staatskasse zu tragen gewesen wären.

So so, bei einem Bußgeld von 70.- Teuro geht ein Sachverständigengutachten nicht. Ab wann denn? 😉

6 Responses to “RSV muss Kosten eines vorgerichtlichen Sachverständigengutachtens zahlen”

  1. anonymisiert sagt:

    Ja ne, ist klar …… sicher ist auch bei einem Bußgeld wegen Parkens nach Ablauf der gelösten Parkdauer ein vorsorgliches Gutachten von Nöten. Wäre doch denkbar, dass hier der Zeitnehmer der kontrollierenden Beamten nicht in Analogie zur Braunschweiger Atomuhr stehen 🙂

    Im Ernst : Wer nicht das Rückgrat hat für ein Fehlverhalten auch mal 70 Euro zu zahlen, der darf zumindest dann keine Verwunderung aufbringen wenn die Verkehrsrechtsschutz mal wieder ein Stückchen im Beitrag steigt …….

  2. anonymisiert sagt:

    Interessante Idee – muss ich mal ausprobieren 🙂

    Im Ernst: Ein solche Auslegung der ARB halte ich für schwierig. Dem Versicherer steht bei bei Ordnungswidrigkeiten kein Recht zur Prüfung der Erfolgsaussichten zu. Allenfalls die Mutwilligkeit kann überprüft werden. Bei 70 € und einem Punkt kann von Mutwilligkeit aber keine Rede sein.

    Auf der anderen Seite wäre es natürlich auch interessant zu erfahren gewesen, was der Gutachter abgerechnet hat. üblich dürften solche Gutachten im dreistelligen Bereich rangieren. Aber vielleicht hat der Gutachter auch die BAB sperren lassen und mehrere Tage Fahrversuche durchgeführt. Dann könnte ich mir die Reaktion der RSV erklären …

    Guter Artikel übrigens im Anwaltsblatt 2010, S. 861: „Rechtsschutzversicherer – Partner, Kontrolleur oder des Anwalts Konkurrent?“

  3. anonymisiert sagt:

    Wer

    – ein solches Geschäftsgebahren an den Tag legt
    – mit fadenscheinigen Gründen der Gegenleistung zur Versicherungsprämie zu entgehen versucht
    – und hierfür auch noch die Gerichte mißbraucht,

    muss hier beim Namen genannt werden.

  4. anonymisiert sagt:

    @ Speedy Gonzales:

    Und wer nicht das Rückgrat hat, einen möglicherweise falschen Bußgeldbescheid in Frage zu stellen, anstatt mannhaft zu zahlen, braucht keine RSV.

  5. anonymisiert sagt:

    „…hängt hierbei auch nicht von dem mutmaßlichen Erfolg ab, der damit im laufenden Bußgeldverfahren erzielt werden kann“

    Mich würde dabei einmal interessieren, wie hoch denn die festgestellte Abweichung war, nach welcher dem Widerspruchsteller Ungerechtigkeit widerfahren ist. Oder hat der Herr am Ende nicht vielleicht doch – nach amtlich attestiertem Fehlverhalten – brav sein (vielleicht marginal verringertes) Bußgeld entrichtet ?

    Im Gegenzug ist ein mutmaßlicher Beitrag von unter 100 Euro für einen Verkehrsrechtsschutz nach § 21 ARB natürlich ausreichend geeignet mehrfach übersteigende Kosten (sinnlos) zu verursachen.

    Oder ?

  6. anonymisiert sagt:

    Wie sagt der BGH so schön:

    „Wenn was nicht versichert sein soll, schreibt’s doch in die Bedingungen“. Damit hätten wahrscheinlich auch die Meisten kein Problem.

    Aber über die Hintertur der „Mutwilligkeit“ die Kosten abzulehnen, ist nicht seriös.