Keine Geschäftsgebühr als Nebenforderung

Herr Rechtsanwalt Levent Ipekcioglu aus der Mannheimer Kanzlei Moeller & Partner weißt uns auf das Urteil des AG Heidelberg vom 11.02.2009 (AZ. 29 C 47/07) hin.

Aus den Gründen:

„Die Geltendmachung der Nebenforderung bezüglich der Rechtsanwaltsgebühren ist unzulässig. Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1) ist dies kein Fall mangelnder Aktivlegitimation, sondern ein Fall des Fehlens der Prozessführungsbefugnis. Es ist zwar zutreffend, dass, soweit eine Rechtsschutzversicherung die Kosten ersetzt, ein gesetzlicher Forderungsübergang gemäß Â§ 86 I 1 VVG stattfindet und damit die Aktivlegitimation des Klägers entfällt, jedoch bleibt die gewillkürte Prozessstandschaft nach wie vor möglich. Im Grundsatz gilt, dass jeder Rechtsträger selbst die gerichtliche Rechtsverfolgung zu betreiben hat. Vorliegend ist der Kläger zwar mit Schreiben vom 08.05.2007 ermächtigt, die Rechtsverfolgung in eigenem Namen geltend zu machen, jedoch gilt unabhängig vom Vorliegen einer solchen Ermächtigung, dass der Kläger darlegen muss, worin sein schutzwürdiges Interesse an der Geltendmachung der fremden Rechte in eigenem Namen bestehen soll. Dies ist vorliegend nicht geschehen.“

Es stellt sich danach nicht nur für den Kollegen Levent Ipekcioglu die Frage, ob bei einem rechtsschutzversicherten Mandanten die Geschäftsgebühr nicht mehr als Nebenforderung gerichtlich geltend gemacht werden sollte.

11 Responses to “Keine Geschäftsgebühr als Nebenforderung”

  1. anonymisiert sagt:

    Das AG Heidelberg gegen den Rest der Welt – irgendwie muss man ja einen Weg in die juristsche Öffentlichkeit finden.

  2. anonymisiert sagt:

    Die Entscheidung ist nicht praxistauglich. Damit schneidet sich die Justiz ins eigene Fleisch.

  3. anonymisiert sagt:

    Das ist super, das ist ganz große Klasse. Das was die Richter in Heidelberg konsumieren, möchte ich auch haben. Damit hätte sich mein Verbesserungsvorschlag https://rsv-blog.de/verbesserungsvorschlag-an-die-versicherer komplett erledigt. Jetzt muss ich also noch ein schutzwürdiges Interesse darlegen, welches sich nach meiner Auffassung direkt aus dem Versicherungsverhältnis und den daraus folgenden Obliegenheiten ergibt. In jeder Deckungszusage enthalten, ist die Aufforderung, die außergerichtlich gezahlten Kosten – soweit möglich – als Nebenforderung geltend zu machen. Folge der Entscheidung wären zwei Rechtsstreite, einer für den Mandanten. Der andere für die RSV. Mandatsoptimierung made in Heidelberg.

  4. anonymisiert sagt:

    Die Entscheidung entlastet die Anwälte von zusätzlichen Arbeiten für die Rechtsschutzversicherungen, welche die Zusammenarbeit mit den Anwälten
    in der letzten Zeit ohnehin mit erheblichem Mehraufwand belastet haben,
    wobei hinsichtlich der Abwicklung der Rechtsschutzfälle von den Anwälten erhebliche Geduld abverlangt wird, weshalb die Entscheidung aus meiner Sicht zu begrüßen ist.

  5. anonymisiert sagt:

    @ RA’in Müller:
    ganz meine meinung!!!

  6. anonymisiert sagt:

    Die Entscheidung ist im Wortlaut sehr stark an dem VVG-Kommentar von Rüffer/Halbach/Schimikowski orientiert. Insoweit steht das AG Heidelberg wohl leider doch nicht ganz allein.

    Es kommt aber noch besser: Es gibt einen Beitrag von Hansens, in dem dieser den Mandanten / Anwälten den objektiven Tatbestand des (versuchten) Prozessbetruges unterstellt, wenn sie die RVG-Kosten nach Zahlung durch ihre RSV mit einklagen….Hier der Link zum Kollegen Frese, der das Problem bespricht:
    http://ra-frese.de/2008/03/04/was-man-bei-der-geltendmachung-der-rechtsanwaltsvergutung-so-alles-falsch-machen-kann/

    Obwohl Frau Kollegin Müller in der Sache Recht hat (warum sollen wir uns die Arbeit machen?), nervt diese ganze Forderungsübergangsposse ohne Ende. Eigentlich will man doch den ganzen Fall inkl. Nebenforderungen in einem Aufwasch erledigen. Das bringt eine einheitliche und kongruente Entscheidung. So viel Geld bringen Folgestreitigkeiten wegen paar hundert EUR RVG-Kosten nämlich nicht, ich verzichte gerne darauf.

    Die Anwälte der gegnerischen Versicherung bestreiten auch nach meiner Erfahrung immer öfter die Aktivlegitimation (jetzt bald wohl auch die Prozessführungsbefugnis; jüngst hat sogar einer bestritten, dass der Erstattungsanspruch bzgl. RVG-Kosten vor Rechtskraft des Urteils in der Hauptsache „fällig“ sei – denn vor Rechtskraft stehe ja nicht fest, ob RVG-Kosten zu erstatten sind … Hilfe.).

    Gratulation ans AG Heidelberg, dessen Urteil dogatisch korrekt, aber praxisfremder nicht sein kann. Eben dieses AG Heidelberg wird sich über die Anschlussverfahren freuen (wenn z.B. die Höhe der RVG-Gebühr vom Gegner nicht anerkannt wird und geklagt werden muss). Also nochmal der ganze Schwachsinn auf dem Tisch, inkl. inzidenter Prüfung der (früheren) Hauptsache, denn der erste Richter könnte sich bei seinem Urteil ja auch geirrt haben 🙂 :-)…

    Ich frage mich übrigens, warum § 86 Abs. 1 S. 2 VVG ausdrücklich und sehr weitreichend formuliert, dass der Forderungsübergang dem VN gerade nicht entgegengehalten werden kann. Könnte man das nicht auch so versehen, dass der VN befugt bleibt, ihm also die Zahlung im Hinblick auf die Aktivlegitimation keinen Nachteil bringen soll?

    Das AG München hat mir jüngst Rechtsverfolgungskosten zugesprochen. Ich berief mich auf § 86 I 2 VVG, zusätzlich legte ich eine Erklärung der RSV vor. Von „berechtigtem Interesse“ war dann zum Glück keine Rede mehr. Offenbar weiß die Amtsrichterin, wie man sich zusätzliche Arbeit vom Hals hält. Anders als das AG Heidelberg…aber mia san eben mia! 🙂

    Beste Grüße und schönen Fasching/Karneval

    M. Pießkalla

  7. anonymisiert sagt:

    Man muß sich mal vor Augen führen, dass eine Versicherung, welche im Regelfall als weitere Konzerngesellschaft eine Rechtsschutzversicherung betreibt, in einem Verkehrshaftpflichtfall bezügl. der Nebenforderung, welche möglicherweise für eine Konzerngesellschaft geltend gemacht wird, die fehlende Aktivlegitimation, bzw. Prozessführungsbefugnis einwenden läßt.

    Die Untergesellschaft Rechtschutz, möglicherweise des gleichen Konzerns, mahnt nun aber Obliegenheiten des VN bei der Geltendmachung von Nebenforderungen an.

    Diese ganze unbefriedigende Situation haben letztlich die Versicherungen selbst zu verantworten.

  8. anonymisiert sagt:

    Guten Tag,
    es geht nur sekundär um die „Obliegenheiten“ des VN, als um das primäre Interesse des Versicherten, seinen RS-Vertag möglichst schadenfrei oder unbelastet zu halten (OLG Köln, NJW-RR 1994, S. 27 ff. => Interesse !).

    Es handelt sich demnach nicht nur um eine oktroyierte Pflicht durch den Rechtsschutzversicherer, sondern auch um eine Mandatspflicht.

  9. anonymisiert sagt:

    Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

    ich vermag die Diskussion nicht nachzuvollziehen; m.E. geht es die Gegenseite im Zivilprozeß, wer immer sie auch sein mag (Versicherung, Firma, Privatperson) schlicht nichts an, wer für die Kosten des Verfahrens auf der anderen Seite aufkommt bzw. durch privatrechtliche Vereinbarung verpflichtet ist, diese zu erstatten. Das kann neben einer RSV z.B. ein stiller Teilhaber, ein Prozeßfinanzierer oder auch Tante Erna sein.
    Ich vermag keine Anspruchsgrundlage zu erkennen, die eine Offenbarungspflicht gegenüber dem Prozeßgegner hinsichtlich der Finanzierung des Verfahrens oder der außergerichtlichen Geschäftsgebühr bestimmt.
    Es gibt also keinen Grund, dem Gegner mitzuteilen, ob der Mandant rechtsschutzversichert ist oder nicht. Ohne diese Information dürfte sich in praxi das ganze Problem auflösen, da nach außen nur der Mandant als Primärschuldner der Geschäftsgebühr erscheint und somit auch aktivlegitimiert ist und hierdurch auch selbstverständlich die Prozeßführungsbefugnis für das gerichtlich geltend gemachte Erstattungsverlangen hat.

    Sollten RSV und gegnerische Versicherung zum selben Konzern gehören und einen Datenabgleich zur Feststellung des Bestehens einer Rechtschutzpolice beim Gegner durchführen, wäre wohl neben dem Datenschutzbeauftragten und der Bafin die Staatsanwaltschaft gefragt (Geheimnisverrat).

  10. anonymisiert sagt:

    @Herr Kollege Maier:

    Es wäre – gerade aus praktischen Gründen – wünschenswert, wenn Sie Recht hätten. Das praktische Problem liegt aber darin, dass § 86 VVG nun einmal den Forderungsübergang regelt und es (wohl) ernsthafte Stimmen gibt, die einem sogar versuchten Prozessbetrug unterstellen, wenn man den Gegner nicht darauf hinweist, dass ggf. Erstattungsansprüche übergegangen sind. Nach dieser Auslegung berühmt man sich eines Anspruches, den man gar nicht (mehr) hat.

    Beste Grüße
    M. Pießkalla

  11. anonymisiert sagt:

    Das sehe ich genau so. Mit dem richtigen Vortrag des Interesses (siehe OLG Köln) und der Ermächtigung des RSV dürfte kein Risiko bestehen, zumal es sich um eine Nebenforderung handelt.

    Die Geschäftsgebühr wäre ja auch einzuklagen, wenn keine RSV besteht.