Archive for August, 2014

Der BGH zur Verständlichkeit von ARB

Sonntag, August 31st, 2014

Der BGH spricht im Urteil IV ZR 88/13 vom 16.o7.2014 wahre Worte gelassen aus:

16 aa) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind aus sich heraus zu interpretieren. In erster Linie ist dabei vom Wortlaut auszugehen. Der verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (Senatsurteil vom 8. Mai 2013 – IV ZR 84/12, VersR 2013, 995 Rn. 10 m.w.N.). Liegt – wie hier – eine Versicherung zugunsten Dritter vor, so kommt es daneben auch auf die Verständnismöglichkeiten durchschnittlicher Versicherter und ihre Interessen an (Senatsurteile vom 22. Januar 2014 – IV ZR 127/12, […] Rn. 13; vom 8. Mai 2013 – IV ZR 233/11, VersR 2013, 853 Rn. 40 m.w.N.).

Ein praktisches Beispiel:

In § 5 Abs. II lit. c) der ARB der Itzehoer heißt es:

„Entstehen aus demselben Ereignis mehrere Leistungsarten, so wird die Selbstbeteiligung nur einmal in Abzug gebracht“.

1. Fall: Bußgeldbescheid wegen unerlaubten Überholens.
2. Fall: Die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (pikanterweise auch die Itzehoer) belastet in der Folge den SFR der Mandantin wegen eines angeblich durch dieses Überholen verursachten Unfalls.

Die Mandantin wehrt sich gegen diese Rabattbelastung.

Laut Itzehoer-RSV fällt die Selbstbeteiligung hier zwei Mal an, „da das hier streitige Handeln der Haftpflichtversicherung nicht auf den Unfalltag datiert. Es handelt sich hier im unterschiedliche Ereignisse.“

M.E. sind dagegen „aus demselben Ereignis“ – nämlich dem unerlaubten Überholen – sowohl eine Bußgeldsache als auch eine Zivilsache entstanden. Dass die Rabattbelastung (denknotwendig) zeitlich nachfolgt, dürfte dagegen gänzlich unerheblich sein, zumal sie kausal durch „das selbe Ereignis“ bedingt ist.

Verstehe ich den § 5 Abs. II lit. c) der ARB nun falsch oder die Itzehoer?

P.S.: Ein Kollege kam hier auf § 305 c Abs. II BGB:

Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

Auch kein schlechter Ansatz.

Die Itzehoer ficht das natürlich alles nicht an. Mal sehen, was die BaFin dazu sagt.

Update 22.o9.2014: Stellungnahmen bezüglich der BaFin-Beschwerde liegen noch nicht vor, aber die Itzehoer hat jetzt stillschweigend die einbehaltene („doppelte“) Selbstbeteiligung überwiesen. 😉

HUK Coburg denkt mit

Dienstag, August 26th, 2014

Bekanntlich sind wir ja immer auf der Suche nach aktuellen und hier noch nicht publizierten Rechtsschutz-Versicherungsbedingungen (ARB).

Die meisten wurden mühsam im Netz zusammengesucht. Jetzt kam Hilfe von der HUK in Form eines Links zu ihren aktuellen ARB.

Vielen Dank !

AdvoCard – kreativ

Dienstag, August 12th, 2014

Rechtsschutzversicherungen übersehen ja bekanntlich gerne, dass § 14 RVG dem Anwalt ein Ermessen eröffnet – und nicht den Rechtsschutzversicherungen. AdvoCard hat sich nun eine besonders schlaue Formulierung ausgedacht und schreibt mir:

„Unter ausdrückliche Berücksichtigung des Ihnen zustehenden anwaltlichen Ermessens halten wir die Gebühren unserer obigen Abrechnung für angemessen“

Nett formuliert – im Ergebnis aber nichts anderes.

Ärgerlich allerdings Behauptungen wie diese:

„Für die Verteidigung eines Betroffenen, dem eine Verkehrsordnungswidrigkeit zur Last gelegt wird, kommen als angemessene Gebühren grundsätzlich nur unterhalb der Mittelgebühr liegende Gebühren in Betracht.“

Es folgen einige (eher vereinzelt gebliebene) Fundstellen. Dies soll „selbst bei einem drohenden oder verhängten Fahrverbot“ gelten. Anderer Auffassung die h.M. – was AdvoCard auch durchaus bekannt sein dürfte.