Archive for April, 2007

RSV muß Kapazitätenklageverfahren decken

Freitag, April 27th, 2007

Rechtsschutzversicherung muss Kosten für Klagen auf Hochschulzulassung übernehmen.

Ein Studienplatzbewerber hat gegen seinen Rechtsschutzversicherer einen Anspruch auf Deckungsschutz für Klagen gegen bis zu zehn Hochschulen auf Zulassung außerhalb des allgemeinen Zulassungsverfahrens, wenn er geltend macht, die Hochschulen hätten ihre tatsächlich vorhandenen Kapazitäten nicht hinreichend ausgeschöpft.

Dies hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle (OLG) mit Urteil vom 19. April 2007 (Aktenzeichen: 8 U 179/06) entschieden.

Der Sohn des Klägers hatte sich bei der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) um einen Studienplatz für Humanmedizin für das Wintersemester 2005/06 beworben. Er wurde abgelehnt, weil er den erforderlichen Notendurchschnitt und die Wartezeit nicht erfüllte. Daraufhin ersuchte er bei der Rechtsschutzversicherung seines Vaters um Deckungsschutz für Eilverfahren bei verschiedenen Verwaltungsgerichten gegen insgesamt 14 Universitäten (sog. Kapazitätsklageverfahren).

Die Kapazitäten werden jedes Jahr neu durch die Wissenschaftsministerien der Länder (in Bayern und Berlin durch die Hochschulen selbst) festgelegt. Erst im Rahmen des Gerichtsverfahrens werden die Berechnungskriterien der Hochschulen offengelegt. Deckt das Verwaltungsgericht weitere Kapazitäten auf, die nicht der ZVS gemeldet wurden, so verlost es die Studienplätze unter allen Bewerbern, die ein Eilverfahren betreiben.

Der Rechtsschutzversicherer hatte die Deckungszusage verweigert, weil der Sohn keinen Rechtsanspruch auf einen Studienplatz geltend mache. Es bestehe nur ein wirtschaftliches Interesse auf Teilnahme an dem Losverfahren. Außerdem seien die Erfolgsaussichten in Bezug auf die jeweiligen Hochschulen nicht dargelegt. Schließlich sei es mutwillig, 14 Hochschulen gleichzeitig zu verklagen.

Der 8. Zivilsenat des OLG hat der Berufung gegen das klagabweisende Urteil des Landgerichts Hannover vom 7. Juli 2006 (Aktenzeichen: 13 O 355/05) teilweise stattgegeben. Der Kläger mache einen grundrechtlichen Anspruch auf freie Wahl des Berufes und der Ausbildungsstätte geltend. Dieser darf nur durch ein Zulassungsverfahren beschränkt werden, wenn die vorhandenen Ausbildungskapazitäten ausgenutzt werden. Besteht eine hinreichende Erfolgsaussicht, dass das Studienplatzpotential einer bestimmten Hochschule nicht ausgeschöpft wird, dann müsse die Rechtsschutzversicherung eintreten. Da die Berechnungsgrundlagen erst im Eilverfahren bekannt werden, reiche es aus, wenn der Kläger nachweist, dass die Hochschule die Kapazitäten in den Vorjahren nicht ausgeschöpft hat. Das Losverfahren diene lediglich der Realisierung des Zulassungsanspruchs. Das Risiko, dass sich bei einer einzigen Klage keine freien Kapazitäten ergeben oder der Bewerber bei der Verlosung nicht zum Zuge kommt, sei groß. Um seine Chancen auf einen Studienplatz zu erhöhen, dürfe der Kläger auch mehrere Hochschulen gleichzeitig in Anspruch nehmen. Unter Kostengesichtspunkten zieht der Senat die Grenze bei zehn Verfahren pro Semester.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die Frage der Eintrittspflicht des Rechtsschutzversicherers in Kapazitätsklageverfahren bisher noch nicht abschließend geklärt ist.

Quelle: Pressemitteilung des OLG Celle

Besten Dank für die übersendung an Herr Rechtsanwalt Dr. Robert Brehm, Frankfurt, dessen Kanzlei sich (auch) auf Nummerus-Clausus- und Studienplatz-Prozesse spezialisiert hat.

Auxilia und der BGH…

Donnerstag, April 26th, 2007

Auch wenn die meisten von uns der BGH-Entscheidung vom 07.03.2007 mit Skepsis entgegensehen, ist sie dennoch zwischenzeitlich allseits bekannt – hier nochmal zum Verständnis:

„Ist nach der Vorbemerung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG eine wegen desselben Gegenstands entstandene Geschäftsgebühr anteilig auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen, so vermindert sich nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr, sondern die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren anfallende Verfahrensgebühr“.

ERGO: Soweit ich das verstehe klage ich die gesamte Geschäftsgebühr mit ein und die Anrechnung bringt dann nicht mehr uns mit der Klageschrift, sondern den Kostenbeamten im Kostenfestsetzungsverfahren ins Schwitzen… 😉

Das scheint jedoch noch nicht bis zu den Rechtsschutzversicherern durchgedrungen zu sein, wie folgende aktuelle Deckungszusage der Auxilia RSV bestätigt:

„(…) bitten wie den nicht anrechenbaren Teil der Geschäftsgebühr geltend zu machen“

 

Erhebliche Unzufriedenheit mit Abrechnungen der Rechtsschutzversicherungen

Dienstag, April 24th, 2007

Handakte WebLAWg macht auf eine Vorabmeldung in der Capital aufmerksam. Demnach sind 70 % der Rechtsanwälte mit Abrechnungspraxis der Rechtsschutzversicherer unzufrieden:

„Die deutschen Anwälte sind mit den Entgelten der Rechtsschutzversicherer unzufrieden. In einer exklusiven Umfrage, die das Wirtschaftsmagazin Capital in Kooperation mit dem Anwalt-Such-Service durchführte, beklagten bundesweit 70 Prozent der 120 befragten Anwälte, dass die Assekuranz heute größere Probleme bei der Kostenübernahme macht als in der Vergangenheit. Knapp drei Viertel der Advokaten monierten außerdem, dass die Versicherer ihre Honorarrechnungen ohne Rücksprache eigenmächtig kürzen.

Insbesondere die neuen Rechtschutz-Policen, die oft mit Offerten für eine telefonische Rechtsberatung verknüpft sind, kommen bei den Anwälten schlecht weg. Laut Capital-Umfrage gehen 57 Prozent der Befragten davon aus, dass die Versicherer mit solchen Angeboten in erster Linie nur ihre Kosten reduzieren wollen. Fast jeder Fünfte (18 %) ist sogar überzeugt, dass der Telefon-Service den Mandanten nichts bringt. Lediglich jeder zehnte befragte Anwalt hält telefonische Beratung in einfachen Rechtsfragen für sinnvoll.“

Advocard: Deckung ohne Zahlung

Freitag, April 13th, 2007

Der Kölner Kollege Andreas Schwartmann berichtet in seinem Weblog Justitia Colonia über eine scheinheilige Deckungszusage der Advocard für eine anwaltliche Erstberatung.

Erst sagt der Versicherer die Deckung für eine Beratung durch den Anwalt zu: „Obwohl der Rechtsschutzvertrag eine solche Versicherungsleistung nicht vorsieht, werden wir sie erbringen.“ schreibt die Advocard sinngemäß dem Anwalt.

Dumm für den Versicherungsnehmer ist in diesem Fall aber, daß eine Selbstbeteiligung von € 250,00 vereinbart war. Und die Rechtsschutzversicherung zahlt deshalb die Kosten der Erstberatung also leider doch nicht.

Kein Wunder also, wenn sich der Kunde am Ende für dumm verkauft vorkommt. Und zwar zu Recht.

kommentiert Rechtsanwalt Schwartmann.

Ein weiteres Beispiel dafür, daß in sehr vielen Fällen eine Selbstbeteiligung nur dem Versicherer nützt und sie besser nicht vereinbart werden sollte.